XiTrust ist mit der Gründung der XiTrust AG nun auch mit einer Niederlassung in der Schweiz vertreten. Unterstützt wird das Unternehmen von einem sehr erfahrenen und kompetenten Schweizer Berater: im Interview mit Damir Bogdan.
Herr Bogdan, Sie beraten Unternehmen in Fragen der Transformation rund um die Digitalisierung, sind CEO Ihres Unternehmens Actvide. Leitmotiv ist „Transformation Advisory“. Erzählen Sie uns ein bisschen über Ihr Selbstverständnis und Ihr Unternehmen.
Der Firmenname ist dem Lateinischen entlehnt. Er verbindet „Handlung“ und „Sehen“. Eine ganz bewusste Wahl. Ich möchte Unternehmen nicht nur durch die digitale Transformation begleiten, sondern am Ende des gemeinsamen Weges sehen, welche Maßnahmen, welche Handlungsschritte wirklich unternommen worden sind. Was hat funktioniert, wo lässt sich noch weiter optimieren? In unseren herausfordernden Zeiten reicht es lange nicht mehr, passiv abzuwarten.
Ihre Erfahrung haben Sie über lange Jahre in verschiedenen Positionen gewonnen …
Die Bandbreite reicht tatsächlich vom Programmieren bis zur Leitung der gesamten Informatik. Das geht zurück bis in die späten 80er Jahre, wo ich in an der Universität St. Gallen studierte und als Praktikant COBOL programmiert habe. Danach kamen Projektleitungen und strategische Planungen, u. a. für die IT-Tochter der Swisscom. Wichtig waren auch die fast zehn Jahre in der Geschäftsleitung der Raiffeisen-Gruppe Schweiz als CIO.
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Technologie, Strategie und Management sind Ihre drei Säulen?
Und darüber habe ich noch die Brücke Innovation gebaut. Hier habe ich sehr viel gelernt in meiner Zeit in den USA, im Silicon Valley.
Sie unterstützen XiTrust ab sofort als Verwaltungsrat der Schweizer XiTrust AG. Darüber hinaus sind Sie noch in verschiedenen anderen Schweizer Verwaltungsräten aktiv und beraten die Universität St. Gallen. Was treibt Sie an?
Es fasziniert mich, Unternehmen dabei zu helfen, ihre „gewünschte Zukunft“ zu finden und bei den ersten Schritten dahin zu begleiten. Dabei orientiere mich an den jeweiligen Vorstellungen und verbinde diese mit meiner Erfahrung und Außensicht. Wir wollen wissen: Was ist die künftige Daseinsberechtigung für das Unternehmen? Was können wir für unsere Kunden verbessern? Welches konkrete Ziel verfolgen wir mit technischen Innovationen eigentlich? Neugierig bleiben und bereit sein, sich ständig weiterzuentwickeln.
Sie coachen auch CEOs. Eine schwierige Klientel, die es ja gewohnt ist, selbst zu entscheiden und die Richtung vorzugeben. Ist das so herausfordernd, wie es klingt?
Sie haben recht, diese Gruppe zeichnet sich durch hohe Eigenständigkeit und Entscheidungsstärke aus. Gerade da ist es essenziell, jemanden von außen zu hören, der auch als Korrektiv wirkt. Denn natürlich müssen moderne CEOs ihre Position – und Positionen – von Zeit zu Zeit hinterfragen lassen. Ich ziehe hier gern den Vergleich zu den Hofnarren des Mittelalters: Die konnten offen etwas ansprechen, kritisieren, ohne vom Monarchen sofort geköpft zu werden.
Wie ich sehe, ist Ihr Kopf noch dran. Wo haben CEOs von heute Beratungsbedarf?
Es ist nach meiner Erfahrung wichtig, immer wieder die hierarchischen Strukturen eines Unternehmens zu hinterfragen. Ich sage nicht, dass es keinen Senior braucht, der die Richtung vorgibt. Es ist nur heute unabhängig von Hierarchien unerlässlich, innerhalb eines Unternehmens in Netzwerken zu agieren: Diejenige Person, die die größte Kompetenz und die größte Erfahrung bei einem Thema besitzt, sollte dann auch den Lead haben. Das kann, muss aber nicht zwingend die Geschäftsleitung sein. Unternehmen dürfen nur nicht automatisiert in Hierarchien denken. Das passt in der digitalen Transformation heute nicht mehr.
Ein Beraterkollege aus Deutschland hat das mal so genannt: „lösungsfokussiert zusammengestellte Teams“.
Das ergibt ja auch Sinn. Nur wenn die bestmöglichen Kompetenzen in Arbeitsgruppen versammelt sind, kann die Problemlösung effizient und in den meisten Fällen auch schneller herbeigeführt werden. Die Chef-Funktion sollte heute nicht mehr 1:1 mit der Leitungsposition gleichgesetzt werden.
Die Transformation der Unternehmen schreitet in einem strammen Tempo voran. Wie kann eine oft über die Jahrzehnte gewachsene Unternehmenskultur da Schritt halten, ohne die Akteure zu überfordern?
Innovativ bleiben heißt immer auch, Strategien zu hinterfragen und Organisationsformen nach Bedarf anzupassen. Einfach nur analoge Arbeitsweisen durch digitale zu ersetzen, ist noch keine digitale Transformation. Ich spreche auch lieber von Transformation, denn die kommt zuerst, ist Voraussetzung für eine effektive Digitalisierung. Ein gutes Strategie-Management zeichnet sich deshalb durch den kritischen Blick aus: Was nützt dem Unternehmen die Digitalisierung wirklich? Hierfür muss das Unternehmen eine klare Vision haben und damit ein eigenes Bewusstsein entwickeln, sonst ist jede Digitalisierung kaum mehr als ein technologisches Feigenblatt.
Sie sind auch im Silicon Valley tätig und haben weitreichende Kontakte in der Tech-Branche der USA. Was machen US-Unternehmen anders als Europäer?
Zunächst mal sind solche Vergleiche immer problematisch. Wie auch in Europa gibt es in den USA viele unterschiedliche Mentalitäten: Ein New Yorker Finanzexperte geht anders an eine Problemlösung ran als ein Technologie-Start-up in Kalifornien. Ein finnisches IT-Unternehmen hat sicher eine andere Kultur als ein mitteleuropäisches. Der Kernsatz aber lautet: Es geht auch mal was schief. Was wir in Europa noch mehr brauchen, ist eine dezidierte Risikokultur. Moderne US-Unternehmen, gerade im Silicon Valley, haben uns beim Risk-Taking einiges voraus. Der Gedanke dahinter leuchtet ein: Ein Mitarbeiter, der das verinnerlicht, geht viel unbefangener mit neuer Technologie um, bringt eigene Ideen ein. Auch CEOs müssen hier an ihrer Perspektive arbeiten. Es sollte nicht mehr heißen: Wir haben 10.000 Euro aufgrund eines Fehlers verloren, sondern wir haben 10.000 Euro in unsere Weiterentwicklung investiert.
Gerade die Investitionsvolumina dürften hier und da auch den Unterschied machen.
Nehmen wir die Schweiz als Beispiel. Das ist ein sehr innovatives Land und es wird natürlich auch in Start-ups investiert. Nur während in USA Investitionssummen im dreistelligen Millionenbereich keine Seltenheit sind, ist hier noch zu selten der Durchhaltewille anzutreffen, ein ganzes Ökosystem von Grund auf aufzubauen. Dafür braucht man mehr als zehn, 15 Millionen Euro. In der Folge wandern die besten Start-ups in jene Länder ab, in denen ein anderes Investitionsklima herrscht.
Bleiben wir gleich in der Schweiz. Sie sind als Unternehmer, Führungskraft und Berater mit diesem Markt vertraut wie mit keinem anderen. Wie sehen Sie diesen Wirtschaftsraum heute, auch was IT-Innovationen angeht, wie zum Beispiel elektronische Signaturen mit MOXIS?
Die Schweiz gilt auf vielen Feldern zu Recht als Innovationsweltmeister. In der digitalen Transformation von Unternehmen ist die Vernetzung in eigenen Ökosystemen genauso wichtig wie Standardisierung. Eine Grundlage hierfür sind effektive und effiziente Prozesse. Hier sehe ich noch viel Potenzial.
Inwiefern?
Auch sehr große Unternehmen stecken noch mitten in der Übergangsphase von der analogen Welt in die rein digitale. Simples Beispiel: Es wird zwar elektronisch gemailt, aber dann doch wieder ausgedruckt und eingescannt. Da ist die digitale Signatur ein Paradebeispiel. Die Medienbrüche, die durch analoges Signieren entstehen, sind nicht die Arbeitsweise eines zukunftsfähigen Unternehmens. Die digitale Unterschrift erhöht die unternehmensinterne Effizienz und erleichtert gleichzeitig den Austausch mit Kunden und Partnern. Es ist, gerade auch in Zeiten des vernetzen Arbeitens, ein „Quick Win“ – und als Nebenprodukt werden gleich die Prozesse hinterfragt und optimiert.
Die Schweiz gilt trotz ihrer Finanz- und Innovationskraft immer noch als etwas bedächtiger bei solchen Themen. Ein Vorurteil?
Wenn Sie sagen: „die Schweiz“, ist das natürlich ein Vorurteil! Es gibt etliche Gegenbeispiele für diese These. Im Allgemeinen würde ich aber schon sagen, dass man hier eher noch mal eine weitere Runde dreht, bevor es weitergeht. Und das ist auch oft gut so. Was speziell den standardmäßigen Einsatz elektronischer Signaturen betrifft, bin ich aber sicher: Die Zeit ist reif. Nicht nur in der Schweiz.